Das Panel „Bildung und Lernen in entwicklungspolitischen Freiwilligendiensten“, moderiert von Stefan Schäfer (TH Köln), war eins von zwei Panels zum Thema Bildung und Lernen.
Lernen zwischen Selbst und Fremd: Zur Qualität von Lernprozessen in Freiwilligendiensten im Globalen Süden
Sonja Richter
Sonja Richter (Leuphana Universität Lüneburg) stellte in ihrem Beitrag Forschungsergebnisse einer empirischen Studie zur Qualität von Lernprozessen in Freiwilligendiensten im Globalen Süden vor. Im Fokus ihrer Arbeit steht die Beschaffenheit von individuellen Lernprozessen der Teilnehmer*innen aus dem Globalen Norden. Die Ergebnisse geben Aufschluss über die Struktur von Lernprozessen und die Frage wie, wann und vor welchem individuellen und organisationalen Hintergrund Lernen passiert.Es zeigt sich, dass die subjektiv wahrgenommen Differenz zwischen dem „Selbst“ und dem „Fremden“ den Ausgangspunkt aller Lernprozesse bildet. Aus dem empirischen Material wurden vier Lernprozesstypen rekonstruiert, die die Diversität von Lernprozessen verdeutlichen: das „Biographisch-Selbstbezogene Lernen“, das „Biographisch-Karriereorientierte Lernen“, das „hiatische Hiatische Lernen“ und das „Weltgesellschaftliche Lernen“. Der Lernprozesstyp „Weltgesellschaftliches Lernen“ repräsentiert das konzeptionelle Ziel vieler entwicklungspolitischer Freiwilligendienste, zeigt sich aber im empirischen Material der Studie nur in Facetten. Insgesamt verweisen die Ergebnisse darauf, dass konzeptionell und von außen vorgegebene Bildungsziele teils überhöhte Erwartungen an die Freiwilligen stellen und hinderlich für ein positives Lernerlebnis sind.
Psychologische Kausalmechanismen der Einstellungsänderung von weltwärts-Freiwilligen: Rigorose Wirkungsevaluierung und Mediationsanalyse
Dr. Martin Bruder
Der Beitrag von Dr. Martin Bruder (Deutsches Evaluierungsinstitut der Entwicklungszusammenarbeit – Deval/ Bonn) widmete sich dem Thema: „Psychologische Kausalmechanismen der Einstellungsänderung von weltwärts-Freiwilligen: Rigorose Wirkungsevaluierung und Mediationsanalyse“. Die Änderung von Einstellungen wurde als eine zentrale intendierte Wirkung von Interventionen der entwicklungspolitischen Bildung und entwicklungspolitischer Freiwilligendienste beschrieben. Eine theoriebasierte Evaluierung des entwicklungspolitischen Freiwilligendienstes weltwärts wurde 2016–2017 vom Deutschen Evaluierungsinstitut der Entwicklungszusammenarbeit durchgeführt. Eine der Komponenten des Evaluierungsdesigns war dabei eine quasi-experimentelle Wirkungsüberprüfung. Im Beitrag wurden die Ergebnisse der individuellen Wirkungserfassung sowie der Mediationsanalyse vorgestellt. Dabei wurden die Vor-und Nachteile der methodischen Herangehensweise sowie deren Übertragbarkeit auf andere entwicklungspolitische Freiwilligendienste diskutiert.
Ringen nach angemessenem Verhalten – junge Erwachsene im Internationalen Freiwilligendienst
Dr. Katharina Mangold
Dr. Katharina Mangold (Universität Hildesheim) präsentierte Ergebnisse der ethnografischen Studie „Inbetweenness. Junge Erwachsene und transnationale Erfahrungen“ (Mangold 2013) vor. Die Ergebnisse basieren auf teilnehmenden Beobachtungen im Alltag von Freiwilligen in Uganda, die über mehrere Monate begleitet wurden. Die forschungsleitende Fragestellung lautete: „Welche Erfahrungen machen junge Erwachsene im Internationalen Freiwilligendienst und wie stellen sie diese her?“. Anhand von Ausschnitten aus den Beobachtungsprotokollen rekonstruierte Dr. Katharina Mangold zentrale Herausforderungen im internationalen Freiwilligendienst, als auch die unterschiedlichen Umgangsformen mit diesen Herausforderungen. Anhand des empirischen Materials lassen sich ambivalente Bemühungen der jungen Erwachsenen rekonstruieren, welche als „Ringen um angemessenes Verhalten“ beschrieben werden. Wie gehen die Freiwilligen mit dieser Ambivalenz um? Die Ergebnisse verweisen auf zwei Umgangsweisen: bipolare Differenzkonstruktionen (bspw. „hier“ und „dort“, „schwarz“ und „weiß“) und Räume mit „Gleichen“ suchen (Gesellungsformen, wie bspw. die „Freiwilligencommunity“). Mangold beschreibt, wie die unauflösbare Situation des „Inbetweenness“ einen Reflexionsraum für die Freiwilligen eröffnet. Hinsichtlich der Begleitung der Freiwilligen plädierte Mangold daher für eine intensivere Begleitung der Freiwilligen vor Ort (bspw. im Sinne von Supervisionen), nicht um die erfahrenen Ambivalenzen aufzulösen, sondern sie zur weiterführenden Reflexion zu nutzen. Der Einbezug von Personen, die „beide Welten kennen“, wurde hierbei ebenfalls als zentral angesehen.